„Dann gehste eben nach Parchim – Von der Leidenschaft des jungen Theaters“

Seit dem 6. Mai sind die Filme des 39. DOK.fests München nun auch im Netz und also zu Hause zu sehen. Dieses Film-Streamen ist gewissermaßen ein Erbe der Corona-Zeit – und zugleich seitdem nicht mehr wegzudenken im Jahresprogramm der Haus-Leinwand. Das Kino-Erlebnis eines Films ist nicht zu übertreffen, aber diese enorme Vielfalt, die das Filmfest zu bieten hat – mit 109 Filmen aus 51 Ländern – lässt sich eben auch ganz gut von Zuhause aus ergänzen und weiter sichten. Diese thematische Vielfalt in den verschiedenen Sektionen ist so groß, dass eine Aufzählung rahmensprengend wäre. Eines aber ist klar: Dokumentarfilme sind wahrer als jeder Spielfilm. Sie sind so grandios und ergreifend, weil sie die Wirklichkeit abbilden, sprachlos machen, beeindruckt, betroffen, grantig, glücklich und immer gescheiter als zuvor.

Was darüber hinaus diese Filme zu einer ganz eigenen Kunstform macht, ist ihr Rhythmus. Einen ganz eigenen Rhythmus hat beispielsweise Dieter Schumanns „Dann gehste eben nach Parchim – Von der Leidenschaft des jungen Theaters“. Der Dokumentarfilmer hat zwei junge Schauspielerinnen zwei Jahre lang bei ihrem ersten Festengagement im eher überschaubaren Ort Parchim begleitet. Ein Schlagzeug und ein Piano setzen hier die rhythmischen Akzente, dazwischen ein Bericht darüber, dass Theatermachen ein Gemisch ist aus großer Leidenschaft, hellem Wahnsinn und dem ständigen Herumtragen von Dingen. Man kommt hier schon der Antwort auf die Frage sehr nahe: Warum macht man Theater, warum braucht man Theater, warum ist es so notwendig? Der Film deutet an: Theater ist auch eine Form von unverzichtbarer Artenvielfalt, von Reichtum jenseits der Mehrwertsteuer.

NPD draußen, Corona drinnen, dazu Nibelungen, „Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte“ und eine offenbar fulminante „Antigone“-Aufführung: Es sind die kleinen, regionalen Theater, die in unserem Land Inseln sind des Nachdenkens und des Nachdenkenswerten. Dass diese Strukturen immer mal wieder von ökonomischen Erwägungen ebenso bedrängt werden wie von Rechtsradikalen, denen das Format „Nachdenken“ an sich nicht gefällt, zeigt schon, wie wichtig sie sind, gerade weil man sich an ihnen reibt. Welche Leute mit welcher Lust und welchem Gar-nicht-anders-Können dahinterstehen, zeigt der Film. Und die anderen über 100 kann man sich auch anschauen. Programm schlaflose Nächste…

https://www.dokfest-muenchen.de